"Biosprit E10" liefert keinen Beitrag zum Klimaschutz
Agrosprit-Strategie von Bundesregierung und EU ist Irreführung der Verbraucher
Berlin: Die zunehmend an Tankstellen erhältliche neue Benzinsorte "E10" mit bis zu 10 Prozent Ethanol-Anteil liefert
nach Ansicht des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) keinen Beitrag für den
Klimaschutz. "Was die Umweltbilanz betrifft ist E 10 eine Mogelpackung und ein Fall von
Verbrauchertäuschung. Die Ausweitung der Ethanolproduktion aus Weizen, Zuckerrüben oder Mais und die
damit ausgelöste Nutzung zusätzlicher Anbauflächen für Getreide und andere Pflanzen zur Ernährung kann
im Vergleich zu herkömmlichem Kraftstoff insgesamt sogar höhere Kohlendioxid-Emissionen verursachen",
sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger in Berlin. Agrosprit sei aus Umweltsicht nicht besser als
herkömmliches Benzin.
Den Autoherstellern und der Bundesregierung biete die Einführung von "E10"
außerdem ein Alibi, sich von der schnellen Entwicklung sparsamerer Fahrzeuge zu verabschieden.In
Deutschland seien 2010 rund 600 000 Tonnen Ethanol aus Weizen, Zuckerrüben und Mais hergestellt und
die doppelte Menge dem Benzin beigemischt worden. Mit der Erhöhung des Ethanolanteils auf 10 Prozent
rechnet der BUND mit einem Bedarf von insgesamt rund fünf Millionen Tonnen Getreide, Zuckerrüben und
Mais für "E10". Da jeder benzingetriebene Pkw auf Grund der "E10"-Beimischung landwirtschaftliche
Flächen benötige, verdoppele sich mit einer Verdoppelung des Biospritanteils auch die "Flächennutzung"
des Autoverkehrs. Das Ziel der Bundesregierung, den Flächenverbrauch entscheidend zu senken, werde so
konterkariert. Außerdem zwinge das zu erwartende Anwachsen von Importen großer Mengen von
Bioethanol die Landwirtschaft in den Ursprungsländern zum Ausweichen auf bisher ungenutzte Flächen.
Dies führe zur Vernichtung wertvoller Biotope und zum Abholzen von Wäldern und Urwäldern. "Auch dies
erhöht die C02-Emissionen und wird bei der Zertifizierung von Agrokraftstoffen nicht berücksichtigt", sagte
Weiger.Der BUND-Vorsitzende wies auch darauf hin, das bereits rund 35 Millionen Hektar Ackerland in
Entwicklungs- und Schwellenländern für die Länder der Europäischen Union genutzt würden, um die
Nachfrage nach Agrarprodukten, zu denen ein wachsender Anteil Agrarsprit gehöre, zu decken.
Das Anlegen von Großplantagen zur Produktion von Energiepflanzen gehe außerdem mit dem sogenannten
"landgrabbing" einher. Dieser "Landraub" von Flächen in Entwicklungsländern durch ausländische
Großinvestoren zerstöre die dortigen bäuerlichen Agrarstrukturen. Der Energiepflanzen-Anbau in
Monokulturen führe außerdem zum Einsatz von mehr Düngemitteln und Pestiziden. Die Folgen seien
zunehmende Schadstoffbelastungen von Gewässern, höhere Lachgasemissionen und das Aussterben
seltener Pflanzen und Tiere."E10 ist auch für den Verbraucher eine Mogelpackung", sagte der BUND-
Verkehrsexperte Werner Reh. Nach der für Biosprit geltenden DIN-Norm könne der tatsächliche
Ethanolanteil auch weit unter 10 Prozent liegen. "Wo E10 draufsteht, ist nicht unbedingt zehn Prozent drin.
Es können auch drei oder sieben Prozent Ethanol sein." Reh kritisierte die Agrosprit-Strategie von
Bundesregierung und EU grundsätzlich: "Anstatt mehr Bioethanol ins Benzin zu mischen wäre es
wesentlich sinnvoller, auf EU-Ebene und in Deutschland Alternativen zum Auto attraktiver zu machen, die
Verbrauchsvorgaben zu verschärfen und effizientere Fahrzeuge zu bauen." Wichtigster Blockierer strengerer
Verbrauchsvorgaben auf EU-Ebene sei jedoch ausgerechnet die deutsche Bundesregierung. Die Entwicklung
wesentlich sparsamerer Fahrzeugmodelle könne zur Halbierung des Spritverbrauchs führen. Dies würde
auch eine Halbierung der zur Beimischung erforderlichen Ethanol-Mengen bedeuten.
Weitere InformationenBUND-Hintergrundpapier zu "E10"
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